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Catherin Schöberl

Was ist dein «Life Goal»?

Auf ganz persönlicher Ebene ist mein Lebensziel ganz banal: glücklich zu sein und mich wohlzufühlen – mit mir, meinem Körper und meinem Sein in der Welt. Und auch wenn das zu einfach und fast kitschig klingt, ist das meiner Meinung in Zeiten des Kapitalismus und des «beste Version meines Selbst»-Mantras auch eine widerständige, fast schon politische Praxis. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene ist es aber wichtig, empfänglich zu sein für ein Unwohlsein, Irritation und Wut. Denn politisch haben wir noch einiges an Arbeit vor uns, um aus dieser Welt eine gerechtere zu machen. Und da kann ich mir nichts Schlimmeres vorstellen, als viele vereinzelte glückliche Menschen in ihren Zimmern, die die Augen verschliessen vor den Unterdrückungsmechanismen vor der eigenen Haustüre.

Wie hat sich deine persönliche Sinnsuche
mit der aktuellen Weltlage verändert?

Noch gehöre ich zu den privilegierten Personen, die von der aktuellen Weltlage gar nicht direkt betroffen sind … oder die Auswirkungen im Alltag zumindest kaum zu spüren bekommen (Klimakrise, Kriege, Fluchtbewegungen, etc.). Gerade in globalen Krisenzeiten merkt mensch erst, wie privilegiert es sich in der «westlichen» Welt lebt, und dass diese Privi­legien offenbar auf viel Ungerechtigkeit aufgebaut sind. Meine persönliche Sinnsuche war und ist daher immer auch mit gesellschaftlichen und politischen Zielen verknüpft. Ich denke es ist grotesk, dass im Kapitalismus so viel über Selbstoptimierung und Sinnsuche gesprochen wird, während auf der anderen Seite Arbeiter:innen ausgebeutet werden und Menschen in der Folge «unserer» Politik um ihr reines Überleben kämpfen müssen.

Wo siehst du sogenannte Lebenshilfen
als tatsächliche Hilfe und wo als Gefahr?

Ich denke, dass Spekulationen und Visionen einer möglichen Zukunft sehr hilfreich, kreativ und spannend sein können. Denn wer weiss schon, was die Zukunft tatsächlich bringen wird – glücklicherweise ist sie trotz neuster Techniken, AI und weiterer Versuche, sie zu beherrschen, weiterhin dieser wunderbar diffuse Ort von produktivem Chaos. Solange man flexibel und spielerisch mit Analysen, Horoskopen und sonstigen Methoden umgeht, sehe ich keine Gefahr, sondern eine Bereicherung und Möglichkeit zur Selbsterkenntnis. Auf der anderen Seite werden diese Sphären schnell von rechten Kreisen, Verschwörungstheoretiker:innen und Ideologien übernommen. Wenn diese auf vulnerable und empfängliche Personen treffen, sehe ich grosse Gefahren der Vereinnahmung. Alle singulären Antworten auf die Zukunft und Versprechen für Kontrolle führen meiner Meinung nach letztlich zum Faschismus, dem es sich konsequent entgegenzustellen gilt.

Catherin Schöberl

1994 / Basel, BS

catherin-schoeberl.de

Life Goal Generator

Digital online Generator & Video, Javascript/HTML von Daniel Witzke

2021

Der «Life Goal Generator» von Catherin Schöberl greift auf eine Datenbank von Lebenszielen zurück und generiert solche per Mausklick. Eine simple Variante dem eigenen Leben einen Sinn zu geben. Gerade in Krisenzeiten wächst die Sehnsucht nach vereinfachten Erklärungen für das eigene Dasein. Menschen klammern sich hoffnungsvoll an Allerlei, das ihnen Klarheit und Sinn verschaffen soll – an Tools ähnlich dem «Life Goal Generator». Dass diese Lebenshilfen einem kapitalistischen Werte­system unter­worfen sind, wird nicht selten ausgeblendet. Vermeintliche Wahrheiten entpuppen sich als boomende Geschäfts­zweige, die berechnend mit dem Prinzip Hoffnung Kasse machen.

Delfino Fidel

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Catherin Schöberl

Cynthia Villiger

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