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Marc M. Lauber

Inwiefern politisieren dich Ergebnisse aus deinem künstlerischen Schaffen?

Ohne Kunst wäre ich heute deutlich naiver. Mittels ihr lernte ich, Gewohntes anders zu sehen. Die Kunst, welche ich anstrebe, versucht etwas über uns zu erfahren – wie funktionieren wir als Individuum und als Gesellschaft? Ich entdecke im Prozess immer wieder, wie viele Konventionen überall verborgen sind und dass Kommunikation immer Missverständnisse produziert. Das künstlerische Schaffen schärft also gewiss den kritischen Blick. Politik schafft aber Regulierungen, während ich eher Strukturen versuche aufzuspüren und sie zu visualisieren. Ich erhoffe mir aber, dass die Arbeiten Teil eines kollektiven Beitrages sind, welcher auch politisch ist.

Worin siehst du die grösste Gefahr in der Dominanz der westlichen Perspektive?

Eine grosse Gefahr sehe ich in verborgenen Strukturen, die ungewollt reproduziert werden. Wenn Systeme auf der Idee beruhen, höchste Wahrscheinlichkeiten zu produzieren, bestimmt die Mehrheit über die Minderheiten und es können Informationsblasen entstehen. Interessant ist, dass um 80 Prozent der Inhalte des Internets aus dem globalen Norden stammen, wenn also westliche Softwareunternehmen westliche Perspektiven wiedergeben, basiert dies teils wahrscheinlich auch auf dem Quellenmaterial. Und es sind teils sehr stereotype Bilder, die generiert werden, was vielleicht eine Spieglung der Daten ist. Wenn solche KI-Bilder verbreitet werden, was vermitteln sie unterschwellig? Wie stark reduzieren sie die Vielfalt? Und wie träge passt sich ein System an, welches alte Inhalte und ihre Ansichten weiterhin im Datensatz aufrechterhält?

Wie hast du zu deiner Herangehensweise in dieser Serie gefunden?

Recht über Umwege. Beim Aufräumen fand ich eine alte Skizze. Es war eine Fotografie einer Fledermaus, die mit Blitz in der Nacht fotografiert wurde. Viele dieser Fledermausaufnahmen wirken irgendwie unwirklich und collagiert, was mich faszinierte. Daraufhin begann ich mich mit Fledermäusen zu beschäftigen und stiess auf ein Essay des Philosophen Thomas Nagel – «Wie es ist, eine Fledermaus zu sein». Es handelt unter anderem davon, dass der Mensch nur in Daten erfassen kann, wie eine Fledermaus wahrnimmt, aber nicht weiss, wie es ist, eine Fledermaus zu sein. Eine ähnliche Situation findet statt, wenn eine KI Bilder generiert. Die Bedeutung der Worte bleiben der Software verborgen, sie erfüllt aber die Erwartung, obwohl sie wiederum unsere Erfahrung des Bildes nicht teilt. Ich erkundigte also spielerisch diese Black Box – mittels Input und Output – und über den Prozess fand ich so zu dem Ansatz der Sprachen. Letztlich verabschiedete ich mich vom Sujet der Fledermäuse zugunsten der Klarheit. Kill your Darlings.

Marc M. Lauber

1988 / Bern, BE

marclauber.com

A(I) Research on: A Black Box

KI Bildgenerator

2024

Die Serie von Marc M. Lauber bildet eindrucksvoll die Machtstrukturen im digitalen Raum ab. Mit Google Translate übersetzte der Künstler den Text «A Black Box» in alle dort verfügbaren Sprachen. Die einzelnen Übersetzungen speiste er als Promt in den Bildgenerator DALL-E ein und erhielt eine grosse Bandbreite an Bildmaterial. Bei westeuropä­ischen Sprachen – wie germanisch und italisch – generierte die KI vermehrt Bilder von Boxen. Bei anderen Sprachfamilien sind es hingegen Bilder, die oft an touris­tische Sujets erinnern und keine direkte visuelle Verbindung zum Inhalt aufweisen. Die vorliegenden Ergebnisse werfen Fragen nach kulturellen Stereotypen und der Dominanz westlicher Per­spektiven auf.

Delfino Fidel

Alessandro Giorgi

Géraldine Heller

Julia Hürlimann

Severin Hallauer

Marc M. Lauber

Florian Maritz

Vera Mattmann

Marlène Pichler

Chiara Sarbach

Catherin Schöberl

Cynthia Villiger

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